Jazz-Kalender
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Der langsamste und leiseste Jazzabend des Jahres

Der langsamste und leiseste Jazzabend des Jahres(11/2013)

Anirahtak & Band

"Der langsamste und leiseste Jazzabend des Jahres"
Live-Mitschnitt von Karfreitag 2013

Anirahtak & Band
Marks, Anirahtak
Anirahtak Marks
Gesang
Galle-M., Lothar
Lothar Galle-M.
Bassgitarre
Jend, Uli
Uli Jend
Saxophon
Eisele, Hans Günter
Hans Günter Eisele
Schlagzeug
Sturm, Jürgen
Jürgen Sturm
Gitarre

"Der langsamste und leiseste Jazzabend des Jahres" 2013

(LUXaries CD LUX MM15) Live-Mirschnitt aus dem Theater K, Karfreitag 2013

Anirahtak - Stimme/ Gitarre, Jürgen Sturm - Gitarre/ Banjo, Uli Jend - Saxophon, Lothar Galle-M. - Bass, Hans Günter Eisele - Schlagzeug, Glockenspiel

CD 1  
1. Youkali (Kurt Weill/ Roger Fernay) 8:46  
2. Café le Chat Noir (Jürgen Sturm/ Dirk Schulte) 5:05  
3. Somewhere Over The Rainbow (Harold Arlen/ E.Y. Harburg) 7:50  
4. Tears (Django Reinhardt/ Stéphane Grappelli/ Anirahtak) 6:27  
5. Speak Low (Kurt Weill/ Ogden Nash) 6:39  
6. Bella Ciao (Traditional 1906) 5:02  
7. Caravan (Juan Tizol/ Duke Ellington/ Irving Mills) 8:22  
   
CD 2  
1. Charade (Henry Mancini/ Johnny Mercer) 6:18  
2. Everything Happens To Me (Matt Dennis/ Tom Adair) 9:11  
3. You Don’t Know What Love is (Gene de Paul/ Don Raye) 3:46  
4. Obsesión (Pedro Flores) 7:58
5. Georgia On My Mind (Hoagy Carmichael) 10:47  
6. Shipwrecked Sailor (Mike & Kate Westbrook/Michael Kustow) 10:23  
7. God Bless The Child (Billie Holiday/ Arthur Herzog Jr.) 11:38  

Der erste dieser Abende fand Karfreitag 1993 statt. Dies war im „Café Opera“, Heinrichsallee, dem damaligen Lokal von Jupp Bayer, dem seit Ende der 60er Jahre in Aachen ebenso prägenden wie sonderwilligen Kneipier und Musikveranstalter. „Anirahtak & Jürgen Sturm – Duo“ spielten dem Feiertag angemessen: leise und langsam. Die Aufmerksamkeit eines kleinen handverlesenen Publikums war gewiss, denn es war Jupp Bayers auffällige Eigenschaft, seine Veranstaltungen geheim zu halten.

Die selbst auferlegte spielerische Beschränkung jedoch, die Lösung der sich hieraus ergebenden musikalischen Probleme, die Reaktion der Zuhörer, kurz: die in jeder Hinsicht einzigartige Konzertsituation verlangte nach Wiederholung.

Am Karfreitag 1994 stand dem „Anirahtak & Jürgen Sturm – Duo“ der Kontrabassist Werner Lauscher bei, Heribert Leuchter stieg für ein paar Stückchen auf dem Baritonsaxofon ein. Die vergrößerte Besetzung ermöglichte einen leichteren und bunteren Umgang mit den gestalterischen Einschränkungen und wäre vermutlich jährlich ein wenig gewachsen, wenn nicht im Folgejahr Aachen um eine wichtige Jazzbühne ärmer gewesen wäre. Im „Café Opera“ war der letzte Ton verklungen.

1999: Mittlerweile hatte sich das „Theater K“ in der Bastei, Aachens legendärem Striplokal etabliert. Die Theatermacher luden uns ein, die Karfreitagstradition im „Foyer Rouge“, der plüschigen Parterre-Bühne des Theaters fortzusetzen. Dieser Aufforderung kamen wir nur zu gerne nach, zunächst noch in Trio-Formation (mit Lothar Galle-M.), doch dann bald lieber in Quintettbesetzung: Anirahtak (Stimme), Uli Jend (Sopransaxophon), Jürgen Sturm (Gitarre), Lothar Galle-M. (Bassgitarre), Hans Günter Eisele (Schlagzeug). Eine Band war gegründet, die bis heute keinen Karfreitag ausgelassen hat, sieht man davon ab, dass wir aus Krankheitsgründen 2002 großzügig den Karfreitag in den Mai verlegten. Diese Band bildete 2003 die Basis zur Gründung des „Art’n Schutz Orchester“, in ihr sind das „Anirahtak & Jürgen Sturm – Duo“, das „Sturm Trio“ sowie das Trio „Jend – Eisele – Sturm“ enthalten. Unter dem Namen „Partykiller“ ist sie im Stande, jede private Feier mit guter Laune zu überfluten. 

Geheimhaltung ist nicht die Sache der Theater K-Leute und so war gleich das erste Konzert ausverkauft, eine Tendenz, die sich bis heute fortsetzte und uns, so es die Kulisse des jeweiligen Schauspielprogramms erlaubte, in den räumlich großzügigeren ersten Stock umziehen ließ. Im Laufe der Jahre versuchten wir das Programm trotz allem Leisen und Langsamen bunt zu halten. Unter die klassischen Jazzballaden, von denen in all den Jahren die bekanntesten wohl irgendwann zur Aufführung kamen, begannen wir Artfremdes und Unbekanntes zu mischen. Hierzu dienten eigene Kompositionen wie auf dieser Veröffentlichung „Café le Chat Noir“ oder solche von Freunden: „Shipwrecked Sailor“, Folklore: „Bella Ciao“ und „Obsesión“, Filmmusiken: „Charade“ oder Jazzstücke, denen wir einen deftigen Tranquilizer einpfiffen, so wie am Ende von Set 1 Juan Tizols „Caravan“. Immer wieder selbstverständlich Musik von Kurt Weill, wie hier „Youkali“ und „Speak Low“, denn mit Weill begann 1988 meine musikalische Zusammenarbeit mit Anirahtak und Lothar Galle-M. Hier und da erweiterten wir das Instrumentarium, Anirahtak spielt gelegentlich Gitarre („Everything Happens To Me“, „Charade“ …), Eisele hat das Glockenspiel liebgewonnen und ein Stückchen Banjo gönne ich mir gegen den Widerstand der Kollegen („Charade“). Überhaupt nutzten wir die Möglichkeiten der Veränderung, etwa durch Schweigen (Jend, Eisele, Sturm) bei Anirahtaks und Galles Duo („You Don’t Know What Love Is“), durch Worte (Anirahtaks Text zu „Tears“) oder durch Inanspruchnahme des Zufalls, denn ausgiebige Vorbereitung war nie Prinzip des Abends.

Voller Laden ist natürlich auch immer Anlass, dem interessierten Publikum Scheiben anzubieten, auf denen Musik von Teilen dieser Band veröffentlicht ist. So mehrten sich Fragen nach einer CD, die genau die Musik enthält, die doch so plakativ Gegenstand des Abends ist. Nach so vielen Jahren wurden die Argumente, warum es eine solche CD nicht gibt, nicht origineller: Kosten – Nutzen – Vertriebssituation – Absatzchancen – nicht unsere Kompositionen – Produktionsaufwand steht in keinem Verhältnis zur Aufführungsfrequenz – die meisten der Stücke seien von den gaaanz Großen der Jazzgeschichte doch mehr als zufriedenstellend aufgenommen – und auch nicht so ganz unser Metier und unsere Zeit – wer kauft heute überhaupt noch CDs?

Nun ja, durch soviel Treue des Publikums animiert, überfiel uns Anirahtak am Gründonnerstag 2013 mit der Mitteilung, dass dieses Mal mitgeschnitten wird. Wenn eine Handvoll guter Stücke dabei sei, könnten wir doch eine CD in kleiner Stückzahl unter die Leute bringen. Die Aufnahme gelang, hier und da mit den Einschränkungen einer Live Produktion, die dem HiFi-Freund möglicherweise auffallen werden. Das Ganze hat Manfred Leuchter im Studio Musentempel fein gemischt und zu Klang gebracht.

Nun ist sie da, oder besser, sie sind da. Set 1 und Set 2 auf jeweils einer CD, im Doppelpack. Wir fühlten uns nicht in der Lage, eine Auswahl zu treffen oder gar die Reihenfolge der Stücke zu ändern. Keine Produktion also, nein eine Dokumentation des 16. Karfreitagskonzertes.