Jazz-Kalender
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Flagge englisch Schneeweiss & Rosenrot

Über…

2012 begann gut für Schneeweiss und Rosenrot. Im März gewann das Quartett den Neuen Deutschen Jazzpreis; im Anschluss zogen sie sich für zwei Monate ins Studio zurück, um das dritte gemeinsame Album zu produzieren. Von „Pool“ sagt die Band, es habe sie noch stärker zusammen geschweißt. Kein Wunder, denn zum ersten Mal arbeiteten die vier Musiker gemeinsam an den Kompositionen und entwickelten so miteinander jeden einzelnen Song von Grund auf. Gleichzeitig folgte die Band dem Credo: Alles ist möglich. „Wir wollten uns bei der Entwicklung der Songs bewusst nicht auf die Live Umsetzung beschränken, sondern uns auf die Möglichkeiten, die das Studio bietet, konzentrieren. Anders als bei den letzten beiden Alben, haben einige Songs erst im Studio ihre definitive Form bekommen.“ erzählt Lucia Cadotsch und Marc Lohr ergänzt: „Wir sind uns musikalisch und menschlich durch die Produktion der Platte nochmals auf eine besondere Art näher gekommen.“ Das musikalische Ergebnis ist noch vielseitiger, verspielter und produzierter – noch mehr Schneeweiss & Rosenrot. Die international besetzte Band aus Schweden, Deutschland, Luxemburg und der Schweiz lernte sich 2006 in Kopenhagen kennen, hat dort übereinander, nebeneinander und miteinander gewohnt und schließlich Schneeweiss & Rosenrot gegründet; offizielle Bandsprache war Dänisch. Mittlerweile wohnen alle vier Bandmitglieder in Berlin. Lucia Cadotsch (CH) an Gesang und Keyboard, Johanna Borchert (D) an Klavier und Backingvocals, Frans Petter Eldh (SE) am Kontrabass und Marc Lohr (LU) an Drums und den Electronics wurden schon bald auf diversen Festivals als Entdeckung gefeiert. 2009 veröffentlichten sie das Debüt ”Salt Crusted Dreams”, gefolgt von dem 2011 erschienenen ”Pretty Frank”.

Das sei Jazz „jenseits aller Schubladen“, schrieb Jazzthing über diese zweite Platte. Und genau, Schubladen sind das Letzte, in das eine Band wie Schneeweiss und Rosenrot sortiert gehört. „Wir hören alle sehr viel verschiedene Musik, sind sehr offen und bringen unsere Einflüsse mit ein“, erklären Johanna Borchert und Petter Eldh. Schneeweiss und Rosenrot sind deshalb auch nie "nur" Klavier, Drums, Bass und Gesang, sondern auch Synthesizer, elektronische Effekte und Samples, welche die Instrumentierung zu einem überraschenden, wendigen Sound verdichten. So impulsiv und einfallsreich der Sound von Schneeweiss und Rosenrot bisweilen erklingen mag, ihre Texte tragen mitunter eine nachdenkliche Note, die Lucia Cadotsch mit einem Augenzwinkern in der Stimme kommentiert. Für „Pool“ hat Cadotsch sich unter anderem von Tieren inspirieren lassen, was nicht nur zu dem Song „Prosìte Parasite“ führte, in dem sie den Parasiten Cordyceps Fungus auf Französisch besingt. „Es gibt in der Tierwelt umwerfende Verhaltensweisen, die bei genauerem Hinschauen dem menschlichen Benehmen gar nicht so fern sind. Mich interessieren auch Wortspiele und Personifizierungen von Gefühlen und Zuständen. So findet sich zum Beispiel in einem unserer Songs das Gefühl der Gelähmtheit im Kleid einer Miss Palsy wieder, die ungefragt gekommen ist, um auf meinem Gesicht eine Party zu feiern. Am Schluss fallen die beiden ungebeten Gäste meiner Waffe zum Opfer.“ Ganz alltäglich dagegen ist die Situation, die Johanna Borchert zum Text von „We’re All Loose“ inspirierte: „Ich stieg in Berlin am Görlitzer Bahnhof aus der U-Bahn und sah so viele leere Gesichter, was mich traurig stimmte. Da dachte ich mir, wie bring ich deren Mundwinkel wieder hoch und fing laut an zu singen: ‚we’re all sad walking down the road’. Für mich ist der Song eine provokative Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir sind und was wir wollen.“ Dieses Platz Schaffen für alle Arten von Befindlichkeiten und musikalischen Ausdrucksarten, dieses Spiel mit dem Unerwarteten, der Ironie und Doppeldeutigkeit, zeigen Schneeweiss und Rosenrot mit „Pool“ in nahezu Ehrfurcht erweckender Vollkommenheit. Klingt groß, ist aber nicht übertrieben. Für das Quartett ist es schlicht wie eine Neugeburt. Das Cover-Artwork, das die vier in Embryostellung in weiß durchscheinenden Eiern zeigt, sagt genau das: Wir sind vereint im Entstehungsprozess. Der „Pool“ aus dem wir schöpfen ist unser gemeinsamer kreativer Gen-Pool. Schließlich sei ein Album auch immer ein bisschen wie eine Schwangerschaft, sagt Lucia Cadotsch. „Bis es rauskommt, weiß man nicht sicher, wie es aussehen wird. Man hat zwar ein Gefühl, aber richtig erkennen kann man es erst, wenn es da ist.“

PRESSESTIMMEN:

«Another surprise highlight was the artfully fresh-minded German jazz-cum-pop band Schneeweiss & Rosenrot, built around the understated, sidewinding vocals of Lucia Cadotsch and the alternating freewheeling and classical-informed piano work of the wonderful young Johanna Borchert.» Josef Woodard, Jazztimes, 28.05.2010

«Ein facettenreiches Fantasialand voller kleiner Überaschungen und natürlich großer Gefühle. (...) geschmeidig, verspielt, intensiv, verträumt, energisch, stark.» Werner Griff, Jazz thing 81, 19.10.2009

«Das Berliner Quartett mit Musikern aus ganz Europa steht für die Zukunft des Jazz. Multikulturell und frei von Allen Grenzen.» Rebecca Hack, 3 SAT Kulturzeit, 16.03.2012